Herkunft und Kindheit
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„Am 28. traf Herr d’Artagnan, einer der Edelmänner Seiner Eminenz, von unserer Armee in Flandern kommend hier ein und berichtet, der Ort Courtray befinde sich dermaßen unter Druck, dass die Hoffnung bestehe, Seine Königliche Hoheit werde ihn in vier oder fünf Tagen einnehmen.“
Mit diesen Worten beginnt ein Artikel in der Gazette de France vom 30. Juni 1646 über eine der ersten Missionen d’Artagnans im Dienst von Kardinal Mazarin. D’Artagnan war zwei Tage zuvor von der flandrischen Armee an den französischen Hof gekommen, um die Nachricht von der bevorstehenden Einnahme einer Stellung durch die Armeen Gaston d’Orléans, dem Bruder Ludwigs XIII., zu überbringen.
D’Artagnan war sprachlos! Er wurde beauftragt, den mächtigsten Mann im Königreich, der in der Lage war, selbst den König zum Zittern zu bringen, in Haft zu nehmen. War er dazu fähig, konnte er dem Vertrauen des Königs gerecht werden? Ludwig XIV. erwies ihm einen hohen Gunstbeweis, aber von welcher Tragweite! Sogleich eilte er zu Kriegsminister Le Tellier, um die entsprechenden Vollmachten entgegenzunehmen. Er bemühte sich, einen klaren Kopf zu erlangen, doch der sonst so starke Musketier spürte, wie seine Beine nachgaben. War es die Aufregung oder die Nachwirkung seiner Krankheit? D’Artagnan geriet ins Schwanken. Der Minister schenkte ihm ein großes Glas Wein ein, um einer Ohnmacht vorzubeugen. Dann händigte er ihm die Papiere aus.
Im Archiv der Bastille befinden sich zahlreiche Dokumente über die Festnahme Fouquets. Auch der schriftliche Befehl an d’Artagnan ist erhalten: „Aus guten Erwägungen ist Seine Majestät entschlossen, sich der Person des Herrn Fouquet, Oberintendant seiner Finanzen, zu bemächtigen und hat deshalb Herrn d’Artagnan, Unterleutnant der Kompanie seiner berittenen Musketiere, befohlen, besagten Herrn Fouquet festzunehmen und ihn unter guter und sicherer Bewachung an den Ort zu bringen, der in dem Schriftstück angegeben ist, das Seine Majestät ihm überlassen hat und das ihm als Anweisung dient. Unterwegs hat er darauf zu achten, dass besagter Herr Fouquet mit niemandem Verbindung aufnimmt, weder in mündlicher noch schriftlicher Form. Ausgefertigt in Nantes am 4. September 1661.“
Dieser versiegelte Haftbefehl war von der Hand des Königs unterschrieben. In einem weiteren Schreiben wurde der Befehl präzisiert: „… Der König wünscht, dass er (d’Artagnan) Herrn Fouquet an dem Tag, an dem es ihm von Seiner Majestät befohlen wird, beim Verlassen des Schlosses festnimmt, nachdem er den letzten Wachtposten passiert hat (…). Er wird die nötigen Anstalten für seine Bewachung und Überführung am ersten Tag nach Oudon, am zweiten nach Ingrande und am dritten zum Schloss von Angers treffen.“
…
Die Freunde Fouquets huldigten dem Kerkermeister. Dem strengen Colbert dagegen erschien d’Artagnan allmählich etwas zu wohlwollend gegenüber seinem Gefangenen. Er hätte es am liebsten gesehen, den unbequemen Unterleutnant bis an sein Lebensende in Pignerol als Kerkermeister versauern zu lassen. Doch d’Artagnan hatte nicht die Absicht, sich für unbestimmte Zeit ins Piemont abschieben zu lassen. Er wandte sich an den König persönlich. Ohne Furcht, Seiner Majestät zu nahe zu treten, redete er sich von der Seele, was ihm Kummer machte. „Einen Gefangenen zu bewachen oder selbst einer zu sein, macht keinen großen Unterschied“, erklärte er mit der ihm eigenen Offenheit.
Am folgenden Sonntag, dem 25. Juni, hatte d’Artagnan keinen Dienst, doch die verdiente Ruhepause wurde ihm nicht gegönnt. Gegen acht Uhr morgens suchte Monbron ihn auf und meldete, Monsieur de La Feuillade, der den Herzog von Monmouth abgelöst hatte, lasse eine Barrikade errichten und befestigen. D’Aligny erzählt Einzelheiten dieser Begegnung, die sich als folgenschwer herausstellte:
„M. d’Artagnan, der mehr darüber wusste als er, antwortete ihm: ‚Wir haben die Verschanzungen am Halbmond und an der Kontreeskarpe fertig. M. de La Feuillade wird heute Abend tun, was er für richtig hält – wir sollten an nichts anderes denken als, auf die Gesundheit des Königs zu trinken.“
Lt. Aligny warnte d’Artagnan davor, zu viele Leute zum Bau der Barrikade zu schicken. Der Feind werde sie dort sehen und möglicherweise einen Ausfall starten, der viele Opfer koste. Montbron beharrte jedoch darauf, „was man heute tun kann, soll man nicht auf morgen verschieben.“
Darauf sagte M. d’Artagnan ihm voller Zorn: „Dann lassen Sie doch die Abspaltung gewähren, aber ich fürchte sehr, Sie werden uns damit eine üble Geschichte einhandeln.“
Und tatsächlich – es vergingen keine drei Stunden, da war die grimmigste Schlacht im Gange. „Am Ende unseres Mittagessens“, berichtet Aligny weiter, „sagte uns M. d’Artagnan, der sein Ohr überall hatte: ‚Es scheint mir, als ob auf dem angegriffenen Halbmond alles in die Luft fliegt. Er muss zurückerobert werden, bevor unsere Feinde sich da wieder einrichten.“
D’Artagnan wies M. de Saint-Léger, den diensthabenden Kompaniechef an: „D’Aligny soll 30 von den Musketieren des Königs bekommen, 60 Grenadiere vom Regiment des Königs und ebenso viele von dem der Krone, und man soll ihn erst durchlassen, wenn es ihm befohlen wird.“
Beim Abschied sagte er zu Aligny: „‚Geh den Halbmond angreifen, so wie wir es letzte Nacht gemacht haben, und Du wirst bald von mir hören.“